Zahnschema

Das Zahnschema ist ein standardisiertes System zur eindeutigen Benennung und Lokalisierung jedes einzelnen Zahnes im menschlichen Gebiss. Es dient Zahnärzten, Zahntechnikern und anderen medizinischen Fachkräften als universelle Sprache, um Befunde, Diagnosen, Behandlungspläne und durchgeführte Therapien präzise zu dokumentieren und zu kommunizieren. Ohne ein solches Schema wäre die Verständigung über spezifische Zähne kompliziert und fehleranfällig.

Grundlagen des menschlichen Gebisses

Der Mensch besitzt im Laufe seines Lebens zwei Gebissgenerationen: das Milchgebiss (Dentes decidui) und das bleibende Gebiss (Dentes permanentes).

Das Milchgebiss besteht aus 20 Zähnen:

  1. Vier Schneidezähne (Incisivi) im Oberkiefer und vier im Unterkiefer.
  2. Zwei Eckzähne (Canini) im Oberkiefer und zwei im Unterkiefer.
  3. Vier Milchmolaren (Molaren) im Oberkiefer und vier im Unterkiefer. Es gibt keine Prämolaren im Milchgebiss.

Das bleibende Gebiss besteht aus 32 Zähnen:

  1. Vier Schneidezähne (Incisivi) im Oberkiefer und vier im Unterkiefer.
  2. Zwei Eckzähne (Canini) im Oberkiefer und zwei im Unterkiefer.
  3. Vier kleine Backenzähne (Prämolaren) im Oberkiefer und vier im Unterkiefer.
  4. Sechs große Backenzähne (Molaren) im Oberkiefer und sechs im Unterkiefer, einschließlich der Weisheitszähne (dritte Molaren).

Die Zähne sind symmetrisch in vier Quadranten angeordnet:

  1. Oberkiefer rechts
  2. Oberkiefer links
  3. Unterkiefer links
  4. Unterkiefer rechts

Die verschiedenen Zahnschemata

Es gibt weltweit mehrere gebräuchliche Zahnschemata, die sich in ihrer Systematik unterscheiden. Die drei wichtigsten sind das FDI-Schema (Federation Dentaire Internationale), das Palmer-Schema und das amerikanische Universal-Schema.

Das FDI-Schema (Zwei-Ziffern-Schema)

Das FDI-Schema ist das international am weitesten verbreitete und empfohlene System. Es verwendet eine Kombination aus zwei Ziffern, um jeden Zahn eindeutig zu identifizieren.

Die erste Ziffer gibt den Quadranten an:

  • 1 für den Oberkiefer rechts (vom Patienten aus gesehen)
  • 2 für den Oberkiefer links
  • 3 für den Unterkiefer links
  • 4 für den Unterkiefer rechts

Bei Milchzähnen werden andere Quadrantenziffern verwendet:

  • 5 für den Oberkiefer rechts
  • 6 für den Oberkiefer links
  • 7 für den Unterkiefer links
  • 8 für den Unterkiefer rechts

Die zweite Ziffer gibt die Position des Zahnes innerhalb des Quadranten an, gezählt von der Mitte (Mittellinie) nach hinten:

  • 1 für den mittleren Schneidezahn (Incisivus centralis)
  • 2 für den seitlichen Schneidezahn (Incisivus lateralis)
  • 3 für den Eckzahn (Caninus)
  • 4 für den ersten Prämolar (erster kleiner Backenzahn)
  • 5 für den zweiten Prämolar (zweiter kleiner Backenzahn)
  • 6 für den ersten Molar (erster großer Backenzahn)
  • 7 für den zweiten Molar (zweiter großer Backenzahn)
  • 8 für den dritten Molar (Weisheitszahn)

Beispiele für das FDI-Schema:

  • 11: Oberkiefer rechter mittlerer Schneidezahn
  • 26: Oberkiefer linker erster großer Backenzahn
  • 37: Unterkiefer linker zweiter großer Backenzahn
  • 48: Unterkiefer rechter Weisheitszahn

Für Milchzähne:

  • 51: Oberkiefer rechter mittlerer Milchschneidezahn
  • 64: Oberkiefer linker erster Milchmolar
  • 75: Unterkiefer linker zweiter Milchmolar

Das Palmer-Schema (Winkel-Schema)

Das Palmer-Schema ist vor allem in Großbritannien und einigen anderen Ländern verbreitet. Es verwendet eine Ziffer für die Zahnposition und ein Winkelzeichen, um den Quadranten anzugeben. Die Ziffern sind wie beim FDI-Schema von 1 bis 8 (oder A bis E für Milchzähne) von der Mitte nach hinten gezählt.

Die Winkelzeichen sind:

  • ┘ für den Oberkiefer rechts
  • └ für den Oberkiefer links
  • ┌ für den Unterkiefer links
  • ┐ für den Unterkiefer rechts

Beispiele für das Palmer-Schema:

  • 1┘: Oberkiefer rechter mittlerer Schneidezahn
  • └6: Oberkiefer linker erster großer Backenzahn
  • ┌7: Unterkiefer linker zweiter großer Backenzahn
  • 8┐: Unterkiefer rechter Weisheitszahn

Für Milchzähne werden Buchstaben verwendet:

  • A┘: Oberkiefer rechter mittlerer Milchschneidezahn
  • └D: Oberkiefer linker erster Milchmolar

Das amerikanische Universal-Schema

Dieses Schema ist hauptsächlich in den USA gebräuchlich. Es nummeriert die Zähne des bleibenden Gebisses fortlaufend von 1 bis 32. Die Zählung beginnt am Oberkiefer rechten Weisheitszahn (Zahn 1), verläuft dann über die anderen Zähne des Oberkiefers bis zum Oberkiefer linken Weisheitszahn (Zahn 16). Anschließend wird im Unterkiefer linken Weisheitszahn (Zahn 17) fortgesetzt und endet am Unterkiefer rechten Weisheitszahn (Zahn 32).

Für Milchzähne werden Großbuchstaben von A bis T verwendet, beginnend mit dem Oberkiefer rechten zweiten Milchmolaren (Zahn A) bis zum Oberkiefer linken zweiten Milchmolaren (Zahn J), dann weiter mit dem Unterkiefer linken zweiten Milchmolaren (Zahn K) bis zum Unterkiefer rechten zweiten Milchmolaren (Zahn T).

Beispiele für das amerikanische Universal-Schema:

  • Zahn 1: Oberkiefer rechter Weisheitszahn
  • Zahn 8: Oberkiefer rechter Eckzahn
  • Zahn 16: Oberkiefer linker Weisheitszahn
  • Zahn 17: Unterkiefer linker Weisheitszahn
  • Zahn 25: Unterkiefer linker mittlerer Schneidezahn
  • Zahn 32: Unterkiefer rechter Weisheitszahn

Für Milchzähne:

  • Zahn A: Oberkiefer rechter zweiter Milchmolar
  • Zahn T: Unterkiefer rechter zweiter Milchmolar

Bedeutung und Anwendung in der Zahnmedizin

Das Zahnschema ist unverzichtbar für die präzise Dokumentation in der Patientenakte. Jeder Befund, jede Füllung, jede Krone, jede Extraktion wird mit der exakten Zahnbezeichnung vermerkt. Dies gewährleistet, dass auch nach Jahren oder bei einem Zahnarztwechsel die Historie jedes einzelnen Zahnes nachvollziehbar ist.

In der Kommunikation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker ist das Zahnschema ebenfalls essenziell. Wenn ein Zahntechniker eine Krone für Zahn 26 anfertigen soll, weiß er genau, welcher Zahn gemeint ist, ohne Missverständnisse. Auch bei der Überweisung von Patienten an Fachärzte (z. B. Kieferorthopäden, Oralchirurgen) oder bei der Kommunikation mit Versicherungen wird das Zahnschema verwendet.

Die Kenntnis des Zahnschemas ist auch für die Ausbildung von zahnmedizinischem Personal grundlegend. Es ermöglicht eine systematische Herangehensweise bei der Untersuchung und Behandlung.

Zahnflächenbezeichnungen

Neben der Identifizierung des Zahnes ist es oft notwendig, spezifische Flächen eines Zahnes zu benennen, da Behandlungen häufig nur bestimmte Bereiche betreffen. Auch hierfür gibt es standardisierte Bezeichnungen:

  • Mesial (m): Zur Mitte des Zahnbogens hin (zur Mittellinie)
  • Distal (d): Von der Mitte des Zahnbogens weg (von der Mittellinie weg)
  • Okklusal (o): Die Kaufläche der Backenzähne
  • Inzisal (i): Die Schneidekante der Schneide- und Eckzähne
  • Vestibulär (v): Zur Lippe oder Wange hin (auch bukkal für Backenzähne, labial für Frontzähne)
  • Lingual (l): Zur Zunge hin (im Unterkiefer)
  • Palatinal (p): Zum Gaumen hin (im Oberkiefer)

Diese Flächenbezeichnungen können mit dem Zahnschema kombiniert werden, um noch präzisere Angaben zu machen, z. B. „Füllung an 16 mo“ bedeutet eine Füllung an Zahn 16 (Oberkiefer rechter erster Molar) an der mesialen und okklusalen Fläche.

Entwicklung und Wechselgebiss

Im Kindesalter durchlaufen die Zähne einen Wechsel vom Milchgebiss zum bleibenden Gebiss. Dies ist die Phase des Wechselgebisses, in der sowohl Milchzähne als auch bleibende Zähne im Mund vorhanden sein können. In dieser Zeit ist die korrekte Anwendung des Zahnschemas besonders wichtig, um Verwechslungen zu vermeiden. Das FDI-Schema mit seinen unterschiedlichen Quadrantenziffern für Milch- und bleibende Zähne ist hier besonders hilfreich.

Unser Tipp

Das Zahnschema ist ein unverzichtbares Werkzeug in der modernen Zahnmedizin. Es ermöglicht eine klare, präzise und international verständliche Kommunikation über jeden einzelnen Zahn und seine spezifischen Bereiche. Für Patienten ist es hilfreich, die grundlegende Logik des Schemas zu verstehen, um die Erklärungen des Zahnarztes besser nachvollziehen zu können. Es ist ein Beispiel dafür, wie Standardisierung die Qualität und Sicherheit in der medizinischen Versorgung erhöht.

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