Knochenentzündung – Osteomyelitis und Osteitis

Eine Knochenentzündung ist eine ernsthafte Erkrankung, bei der Knochengewebe durch Krankheitserreger, meist Bakterien, entzündet ist. Im zahnmedizinischen Bereich betrifft dies vor allem den Kieferknochen. Die medizinischen Fachbegriffe für Knochenentzündungen sind Osteomyelitis, wenn das Knochenmark und die umgebenden Knochenstrukturen betroffen sind, und Osteitis, wenn die Entzündung hauptsächlich das Knochengewebe selbst erfasst. In der Praxis werden diese Begriffe häufig synonym verwendet, da die Übergänge fließend sind und sich die Entzündung meist auf mehrere Bereiche ausbreitet.

Knochenentzündungen im Kieferbereich sind relativ selten, können aber schwerwiegende Folgen haben, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Sie können akut mit plötzlich auftretenden, heftigen Beschwerden verlaufen oder chronisch mit über Wochen und Monate anhaltenden, teils milderen Symptomen. Die Erkrankung kann Menschen jeden Alters treffen, wobei bestimmte Risikofaktoren das Erkrankungsrisiko erhöhen.

Ursachen und Entstehung

Die häufigste Ursache für eine Knochenentzündung im Kieferbereich sind bakterielle Infektionen. In etwa 70 bis 80 Prozent der Fälle ist das Bakterium Staphylococcus aureus der Verursacher. Diese Krankheitserreger können auf verschiedenen Wegen in den Knochen gelangen.

Der mit Abstand häufigste Weg ist die Ausbreitung von einer Zahnentzündung. Wenn Karies nicht behandelt wird, können die Bakterien tief in den Zahn eindringen und bis zur Wurzelspitze gelangen. Von dort können sie in den umgebenden Kieferknochen übertreten. Auch Zahnfleischentzündungen und Parodontitis können Eintrittspforten für Bakterien sein. Wurzelentzündungen, Zahnabszesse oder entzündete Zahnfleischtaschen stellen ebenfalls Risiken dar.

Weitere Ursachen sind Verletzungen des Kiefers durch Unfälle, Schläge oder Knochenbrüche. Durch die Verletzung können Bakterien direkt in den Knochen eindringen. Auch zahnärztliche oder kieferchirurgische Eingriffe können, wenn auch selten, zu einer Knochenentzündung führen, insbesondere wenn während oder nach dem Eingriff Keime in die Wunde gelangen. Zahnextraktionen, Implantationen oder Wurzelspitzenresektionen sind solche Eingriffe, nach denen in Einzelfällen Entzündungen auftreten können.

Eine besondere Form ist die hämatogene Knochenentzündung, bei der Bakterien über die Blutbahn aus anderen Körperregionen in den Kieferknochen geschwemmt werden. Dies kommt vor allem bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem vor.

Risikofaktoren

Bestimmte Faktoren erhöhen das Risiko, an einer Knochenentzündung zu erkranken. Menschen mit Diabetes mellitus haben ein deutlich erhöhtes Risiko, da die Erkrankung die Durchblutung verschlechtert und die Immunabwehr schwächt. Auch andere Erkrankungen des Immunsystems, Autoimmunerkrankungen oder eine Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten erhöhen die Anfälligkeit.

Schlechte Mundhygiene und unbehandelte Zahnerkrankungen sind wichtige Risikofaktoren. Rauchen verschlechtert die Durchblutung des Gewebes und beeinträchtigt die Wundheilung, wodurch Entzündungen leichter entstehen und schwerer ausheilen.

Eine besondere Risikogruppe sind Menschen, die mit bestimmten Medikamenten behandelt werden. Sogenannte Bisphosphonate, die bei Osteoporose oder Knochenmetastasen eingesetzt werden, und andere antiresorptive Medikamente können eine medikamentenassoziierte Kieferknochennekrose verursachen, die oft mit einer Knochenentzündung einhergeht. Auch Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich kann das Knochengewebe schädigen und die Entstehung von Entzündungen begünstigen.

Symptome

Die Symptome einer Knochenentzündung hängen davon ab, ob die Entzündung akut oder chronisch verläuft. Bei der akuten Form treten die Beschwerden plötzlich und heftig auf. Zu den typischen Symptomen gehören starke, pochende Schmerzen im Kiefer, die oft kaum auf Schmerzmittel ansprechen. Der betroffene Bereich schwillt an, die Haut darüber kann gerötet, überwärmt und gespannt sein. Häufig bildet sich Eiter, der sich in Form eines Abszesses ansammeln kann.

Fieber ist ein häufiges Begleitsymptom, oft verbunden mit allgemeinem Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Appetitlosigkeit. Die Betroffenen können Schwierigkeiten beim Öffnen des Mundes haben, und das Kauen sowie Sprechen können schmerzhaft sein. Zähne im entzündeten Bereich können sich lockern. Manchmal entstehen Fisteln, das sind röhrenförmige Verbindungen, durch die Eiter nach außen oder in die Mundhöhle abfließen kann.

Bei chronischen Knochenentzündungen sind die Symptome oft weniger dramatisch, aber hartnäckig. Es bestehen anhaltende, dumpfe Schmerzen, die über Wochen und Monate anhalten. Schwellungen können bestehen bleiben oder immer wieder auftreten. Ein charakteristisches Zeichen ist die immer wiederkehrende Eiterbildung mit Fistelöffnungen. Betroffene berichten manchmal über Taubheitsgefühle oder Kribbeln im Bereich der Unterlippe oder des Kinns, wenn Nerven durch die Entzündung beeinträchtigt werden. In manchen Fällen kann der Knochen spontan brechen, ohne dass ein entsprechender Unfall vorausgegangen wäre, da die Entzündung die Knochenstruktur schwächt.

Bei der medikamentenassoziierten Form können freiliegende Knochenstellen in der Mundhöhle sichtbar werden, die nicht heilen. Schmerzen sind hier nicht immer vorhanden, was die Diagnose erschweren kann.

Diagnose

Die Diagnose einer Knochenentzündung beginnt mit einem ausführlichen Gespräch und einer gründlichen Untersuchung durch den Zahnarzt oder Kieferchirurgen. Der Arzt fragt nach der Krankengeschichte, eingenommenen Medikamenten, vorangegangenen Zahnbehandlungen oder Unfällen.

Bei der körperlichen Untersuchung werden Schwellungen, Rötungen, Druckschmerz und Fistelöffnungen festgestellt. Die Beweglichkeit der Zähne wird überprüft, und es wird nach Eiteraustritt gesucht.

Bildgebende Verfahren sind für die Diagnose entscheidend. Auf einem Röntgenbild können Veränderungen der Knochenstruktur sichtbar werden, allerdings oft erst einige Wochen nach Beginn der Entzündung. Für eine genauere Darstellung werden häufig eine Computertomographie oder eine dreidimensionale digitale Volumentomographie eingesetzt. Diese Verfahren zeigen Knochenauflösungen, Verdickungen oder Hohlräume im Knochen.

In manchen Fällen wird eine Magnetresonanztomographie durchgeführt, die besonders gut Weichteile und Entzündungen im Knochenmark darstellen kann. Laboruntersuchungen des Blutes zeigen erhöhte Entzündungswerte wie CRP und eine beschleunigte Blutsenkungsgeschwindigkeit. Bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion kann eine Probe des Eiters oder Gewebes entnommen und im Labor auf Erreger untersucht werden, um das richtige Antibiotikum auszuwählen.

Behandlung

Die Behandlung einer Knochenentzündung im Kieferbereich erfordert meist eine Kombination aus medikamentöser Therapie und oft auch chirurgischen Maßnahmen. Das Ziel ist, die Infektion zu beseitigen, den Entzündungsherd zu entfernen und Komplikationen zu verhindern.

Bei akuten bakteriellen Entzündungen werden Antibiotika verabreicht, meist über mehrere Wochen. Die Wahl des Antibiotikums richtet sich nach dem nachgewiesenen Erreger. Häufig werden Breitbandantibiotika eingesetzt, die gegen die häufigsten Bakterien wirksam sind. Zusätzlich werden Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente gegeben.

In vielen Fällen reicht die medikamentöse Behandlung allein nicht aus. Dann ist eine chirurgische Sanierung notwendig. Dabei wird entzündetes oder abgestorbenes Knochengewebe entfernt, Abszesse werden eröffnet und entleert, und infizierte Zähne werden gezogen, wenn sie als Infektionsherd dienen. Der betroffene Knochenbereich wird gründlich gereinigt. Bei ausgedehnten Knochenverlusten kann später ein Knochenaufbau erforderlich sein.

Bei chronischen Formen, die nicht auf die Standardtherapie ansprechen, können zusätzliche Verfahren zum Einsatz kommen. Dazu gehören beispielsweise Ozontherapien zur Desinfektion, die Anwendung von Eigenblutkonzentraten zur Förderung der Wundheilung oder die Gabe von Mikronährstoffen zur Unterstützung des Immunsystems.

Die medikamentenassoziierte Kieferknochennekrose erfordert eine besonders sorgfältige Behandlung. Oft wird versucht, zunächst konservativ zu behandeln, aber bei fortgeschrittenen Stadien ist eine Operation unumgänglich.

Die Behandlungsdauer kann sich über Wochen bis Monate erstrecken. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind wichtig, um den Heilungsverlauf zu überwachen.

Vorbeugung

Die wichtigste Maßnahme zur Vorbeugung einer Knochenentzündung ist eine gute Mundhygiene. Regelmäßiges und gründliches Zähneputzen mindestens zweimal täglich, die Verwendung von Zahnseide zur Reinigung der Zahnzwischenräume und regelmäßige professionelle Zahnreinigungen beim Zahnarzt helfen, Infektionen zu verhindern. Zahnerkrankungen wie Karies oder Zahnfleischentzündungen sollten frühzeitig behandelt werden, um eine Ausbreitung auf den Knochen zu verhindern.

Regelmäßige zahnärztliche Kontrolluntersuchungen, mindestens zweimal jährlich, ermöglichen es, Probleme früh zu erkennen. Menschen mit Diabetes oder anderen Risikofaktoren sollten besonders auf ihre Mundgesundheit achten und engmaschiger kontrolliert werden.

Raucher sollten das Rauchen aufgeben, da dies die Durchblutung und Wundheilung erheblich verbessert. Eine gesunde, vitaminreiche Ernährung stärkt das Immunsystem und unterstützt die Knochengesundheit.

Patienten, die mit Bisphosphonaten oder ähnlichen Medikamenten behandelt werden, sollten vor Beginn der Therapie eine zahnärztliche Sanierung durchführen lassen. Während der Behandlung sollten invasive zahnärztliche Eingriffe möglichst vermieden oder unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden.

Prognose und Komplikationen

Bei frühzeitiger Erkennung und konsequenter Behandlung ist die Prognose einer Knochenentzündung meist gut. Die meisten akuten Formen heilen unter Antibiotikatherapie und gegebenenfalls chirurgischer Behandlung vollständig aus.

Chronische Formen und fortgeschrittene Stadien sind schwieriger zu behandeln und können längere Therapiezeiten erfordern. In seltenen Fällen kann es zu einem dauerhaften Knochenverlust kommen, der funktionelle und ästhetische Folgen haben kann.

Unbehandelt kann sich eine Knochenentzündung ausbreiten und zu schweren Komplikationen führen. Dazu gehören die Ausbreitung der Infektion auf benachbarte Bereiche, Kieferbrüche durch geschwächten Knochen oder im schlimmsten Fall eine Blutvergiftung, die lebensbedrohlich sein kann.

Unser Tipp

Aus diesem Grund ist es wichtig, bei Verdacht auf eine Knochenentzündung umgehend einen Zahnarzt oder Kieferchirurgen aufzusuchen. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Heilungschancen.

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